Obwohl alle Steinbacher Parteien Bauprojekte fordern und für nötig halten (Feuerwehrgerätehaus, neue Kindertagesstätte, Rathaus, vielleicht sogar einen Stadtpark), gibt es nur wenig Diskussion um eine Erneuerung der Stadtplanung von 2006.

Dieser Plan war so erfolgreich, dass heute eine überwiegende Mehrheit bestätigt, Steinbach hat sich gut entwickelt. Nun ist der Plan nicht alles, es muss auch eine gute Umsetzung geben. Aber ohne Plan kann alles nichts sein, jedenfalls sind Fehler möglich, die auf Jahrzehnte einbetoniert sind. Das wurde in Steinbach bislang verhindert, vielleicht mit Ausnahme einzelner Privatbauten wie in der Obergasse.

Und der alte Plan von 2006 (als Beispiel der Landschaftsplan im Bild) war auch nicht perfekt. Aus heutiger Sicht hat er sich vielleicht zu sehr auf den Steinbacher Westen (Neubaugebiete und Steinbachaue) und den Osten (Gewerbegebiet) konzentriert, die Erneuerung in der Mitte kam dann durch das Programm Soziale Stadt hinzu. Der Steinbacher Norden jedenfalls fühlt sich ein wenig abgehängt. Außerdem müsste der Fokus einer neuen Stadtplanung nicht nur auf neuen Baugebieten liegen, sondern besonders auch in der Erneuerung alter Quartiere. Wie wichtig das ist, kann man an der alten Dorfmitte sehen. Hier kommt jetzt etwas in Bewegung, weil die im Stadtbesitz befindliche Scheune baufällig wurde und inzwischen abgerissen ist.

Die Chance und Begründung für eine Überarbeitung der Stadtentwicklungsplanung liegt vor allem darin, dass eine solche Planung den Fokus verändert: statt anlassbezogen jeweils eine Maßnahme zu planen und zu diskutieren wird für einen bestimmten Zeitraum (20 Jahre) die gesamte Entwicklung untersucht und geplant. Auch gerade für die Bürger, die wir ja alle mit einbeziehen wollen, hat das Vorteile. Die Gesamtschau wird weniger unter dem Aspekt „Was habe ich davon“ diskutiert und mehr als Zieldefinition und Ausgleich divergierender Interessen empfunden.

Schauen wir uns einmal die verschiedenen Quartiere in Steinbach an. Die Neubaugebiete „Obstgartenviertel“ und „Heiligenviertel“ (Baugebiet Taubenzehnter) sind weitgehend fertig. Hier wünschen sich die Bewohner noch die Lösung einzelner Verkehrsfragen, aber städtebaulich wird nicht mehr viel geplant. Das Projektgebiet der Sozialen Stadt ist schon weitgehend renoviert, hier geht es derzeit noch um die Berliner Straße und dann die Verdichtung im Hessenring.

Der Steinbacher Süden wird sich in Zukunft durch die Einzelentscheidung „Bau einer neuen Kindertagesstätte“ deutlich verändern. Zudem spürt man hier die Diskussionen um die Josefstadt besonders heftig, weil die Planer in Frankfurt ja auf die verzweifelte Idee gekommen sind, eine vorgeschlagene Trabantenstadt vor unserer Haustür „Steinbach-Ost“ zu benennen. Hier hätte die Diskussion um eine Stadtentwicklung Steinbachs auch den großen Vorteil, dass die Bedrohung der Selbständigkeit nicht mehr nur abstrakt wäre, sondern mit städtebaulichen Argumenten anschaulich gemacht werden könnte. Das wird im Kampf gegen die Josefstadt sicher eine argumentative Hilfe sein.

Im Osten wird durch den Neubau des Gewerbegebietes „Im Gründchen“ das bestehend „Industriegebiet“ neu zu beleben sein. Wenn erst einmal die angestammten Firmen, die im neuen Gewerbegebiet derzeit bauen, umgezogen sind, wird sich manche städtebauliche Entwicklungsfrage stellen. Das ist schon deshalb nicht einfach, weil im bestehenden ‚Industriegebiet‘, nicht nur handfest gearbeitet wird, sondern auch gewohnt wird.

Und im Norden hat sich das Gefühl entwickelt, nun müsse sich die Politik einmal um die Quartiere Brummermann-Siedlung und Feldbergstraße kümmern. Die Klagen sind lang, von Verkehrberuhigung bis hin zum Zustand der Bürgersteige. Die Parkplatznot ist Legende, Lösungen werden vorgeschlagen, aber immer wieder zeigen sich dann doch widerstrebende Interessen. Das alles wird überlagert von einem schleichenden Generationenwechsel, der sich in einer sich entwickelnden Verdichtung ausdrückt. Hier muss dringend Einhalt geboten werden! Kein leichte Aufgabe ohne Bebauungspläne, ein Stadtentwicklungsplan mit frischen Ideen von erfahrenen Planer könnte auch hier helfen.

Bleibt als letztes Quartier noch die zentrale Lage entlang entlang Bahnstraße und Eschborner Straße. Die grundhafte Erneuerung vor einigen Jahren gilt als gelungen, auch wenn manches jetzt wieder kritisiert wird (z. B. das Nebeneinander von LKWs und Frahradfahrern). Spannend wird hier auch sein, wie sich die Pandemie und ihre Folgen auf die Einkaufskultur auswirken wird. Wird der boomende Versandhandel auch unsere Bahnstraße negativ beeinflußen?

Allen Quartieren gemeinsam ist auch ein Wandel der Mobilität. Trotz gefühlter PKW-Dichte steigen mehr und mehr Menschen aufs Fahrrad um, nicht nur in der Freizeit. In einem Zeitraum von 20 Jahren müssen die Anpassungen im Verkehrskonzept auch mit den Entwicklungszielen der Stadtplanung harmonisiert werden. Im Moment ist es ja Zeitgeist der Steinbacher Politik: alle sind fürs Fahrrad und gebrauchen sogar Bezeichnungen wie „Fahrrad-Modell-Stadt“. Das dies nicht ohne grundsätzliche Gedanken eines Stadtentwicklungsplanes geht, ist ziemlich eindeutig.

Die Zäsur einer Amtsperiode für die Stadtverordnetenversammlung ist der richtige Moment, die Diskussion um die Ziele eines solchen Stadtentwicklungsplanes zu beginnen. Die notwendigen Finanzen für die entsprechende Fachberatung hat Bürgermeister Steffen Bonk ja erfreulicherweise bereits in den Haushalt einstellen lassen. Nach den Wahlen sind dann hoffentlich auch alle Parteien wieder in der Lage, langfristig und ohne Schielen auf Wählerstimmen zu diskutieren und die Perspektive für die nächsten 20 Jahre zu entwickeln. Es wäre der Stadt zu wünschen!

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